Einsatz des OS2L Protokolls zwischen DMXControl und VirtualDJ – Nutzen, Vorteile und Probleme

Erstellt: 25. Februar 2020
Zuletzt aktualisiert: 28. Dezember 2021

EDIT 2022

Dieser Beitrag ist nicht mehr aktuell und wird demnächst durch einen neuen Artigkel ergänzt! Das Problem ist gelöst, wenn auch auf komplett andere Weise, als ursprünglich gedacht.

Da in meinem DJ-Setup seit einiger Zeit der OS2L-Takt aus Virtual DJ nicht mehr im Lichtsteuerungsprogramm ankommt, entschied ich mich zu einem umfangreichen Test mit unterschiedlichen Aufbau-Szenarien, um dem möglichen Fehler auf den Grund zu gehen. Denn beim DJ-Einsatz selbst ist die Möglichkeit nicht da, grundsätzliche Änderungen an den Gerätschaften vorzunehmen.

Da dies auch für andere DJs ein potenzielles Problem sein kann, entschied ich mich meine Gedankengänge hier schriftlich festzuhalten.

Grundsätzliches

Ich nutze als DJ schon länger Virtual DJ (ab hier nur VDJ genannt) zum Abspielen/Mixen von Musik.

Für die Steuerung der LED-Leuchten, MovingHeads und Lichteffekten kommt das DMX512-Protokoll zum Einsatz. Das ist der Standard auf allen Bühnen – egal ob mit kleinen oder großen Hardwarepulten gesteuert oder mit Softwarelösungen und kleinen USB/Ethernet-Interfaces. Ich selbst nutze hier mit DMX-Control (ab hier DMXC genannt) eine Software-Lösung, die einen herausragend großen Funktionsumfang bietet.

Nebenher kommt bei mir ein digitaler Audio-Mixer (Soundcraft Ui12/16) zum Einsatz, der die am DJ-Controller fehlenden Funktionen zum Anschluss von Mikrofonen, externen Zuspielern u.s.w. nachrüstet. Dieser wird direkt über einen HTML-5 tauglichen Browser entweder am DJ-Rechner selbst oder ein Mobilgerät (Smartphone/Tablet) gesteuert. Diese müssen sich dann natürlich im selben Netzwerk befinden.

Meine persönlich vorrangige Aufgabe einer Lichtsteuerung ist die taktbezogene Steuerung von Lichtszenen oder Chasern, also Lauflichtprogrammen. Ich arbeite selbst schon seit 1997 an Hardware-Lösungen, mit denen eine taktgenaue Schaltung von Lauflichtern ermöglicht. Die Kombination mit dem DMX-Protokoll stellte mich dann vor größere Probleme.

Später kam Daslight Version 4 (DVC4) zum Einsatz – hier konnte man zwei Rechner (Licht/Ton) mittels MIDI verbinden, um den „MIDI-Clock“ zu nutzen. Hierbei wird der Takt in Form der BPM (Beats per Minute) über den MIDI-Clock an die Lichtsoftware übertragen und dort für das „Weiterschalten“ von Steps einer Licht-Szene genutzt. Das funktioniert ziemlich gut, allerdings läuft immer wieder der Takt weg, da zwar der BPM-Wert, nicht aber der Takt exakt syncron übertragen wird.

Ausgangspunkt für die Nutzung von DMXC war die (im Netz gefundene[1]) Information, dass es ein spezielles Protokoll gibt, welches genau für diese Anforderung geschaffen wurde. Und DMXC (V.3.1.3/V3.2) kann OS2L über ein Plugin nutzen, VDJ4 unterstützt OS2L von Hause aus.

Eigentlich ist die Nutzung von VDJ und DMXC auf demselben Rechner möglich. Das funktioniert sogar um einiges besser, als die Kombination VDJ und DVC4. Denn die Verwendung von MIDI ist zwar betriebssystemmäßig überall gut implementiert, aber eigentlich für extern angeschlossene Instrumente oder Devices vorgesehen. Wenn Sender und Empfänger im selben Rechner stecken, braucht man eine „MIDI-Loop“[2], die diese Verbindung ermöglicht. Das ist schon komplizierter. DMXC nutzt hier bei der Implementation des OS2L-Protokolls die Apple-Software „Bonjour“[3]. Diese sorgt dafür, dass sich innerhalb des eigenen Netzes Geräte und Services automatisch finden, ohne dass der User sich über IP-Adressen usw. einen Kopf machen müsste.

Für die Nutzung von OS2L habe ich mehrere Tage lang umfangreiche Tests unter Bürobedingungen angestellt, um herauszufinden, was man wie einstellen muss, um möglichst sicher und schnell zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Um zu sehen, ob die Windows-Firewall stört, suchte ich nach einer Möglichkeit, die Bonjour/zeroConf Dienste anzuzeigen. Hier fand ich einerseits den „Bonjour Browser“[4], später noch das Tool „zeroconfServiceBrowser“[5]. Diese zeigen auf Rechnern im selben Netz sehr zuverlässig an, wenn am Lichtrechner in DMXC das OS2L-Plugin aktiviert ist.

Aufgabenstellung

Aus dieser Vorbetrachtung ergibt sich die grundlegende Aufgabenstellung: der Musik-Rechner, der Licht-Rechner und der Mixer sollen sich im selben Netz befinden, damit der OS2L-Beat die Lichtsoftware findet. Weiterhin soll der Lichtrechner mit dem Touch-Display auch für die Mixer-Steuerung zum Einsatz kommen, da diese speziell für Touch-Bedienung ausgelegt und somit schon sehr komfortabel benutzbar ist.

Aus technischen Gründen benötigt man hier nicht unbedingt einen Internet-Zugang, viele Kollegen vermeiden diesen auch aus nachvollziehbaren sicherheitstechnischen Gründen.

Für die Nutzung der Online-Funktionen von VDJ wäre der Zugriff aufs Internet aber sehr gewünscht. Ohne die lässt sich nämlich weder die DEEZER/SoundCloud-Integration, noch die „ask.the.dj“[6]-Funktion nutzen. Daher sollte wenigstens der Musikrechner irgendwie Zugang bekommen.

Problem Digitalmixer

Die Soundcraft UI12/16 Mixer enthalten einen eigenen WLAN-Server, über den man sich per Handy, Tablet oder PC einloggen kann, um die HTML-5 Seite des Mixers aufzurufen und diesen zu steuern. Dieser hat selbstredend keinen eigenen Internetzugang. Eingewählte Geräte demnach auch nicht.

Das Funkmodul unterstützt leider nur den (meist sehr überlaufenen) 2,4 GHz Bereich. Die angeschraubte Antenne ist nicht besonders effektiv, speziell in meinem Nutzungsszenario mit dem im Case verbauten Mixer. Eine externe längere Antenne wäre nutzbar, das soll nach Aussagen von Kollegen schon für deutlich bessere Reichweite gesorgt haben. Diese braucht man immer dann, wenn man mit dem Tablet zum Soundcheck quer durch den Saal wandert – das Killerfeature für DJs, die den Soundcheck selbst ohne zweiten Mann erledigen müssen.

Zusätzlich enthält der Mixer einen Ethernet-Anschluss, der den direkten Anschluss an andere Geräte möglich macht. Den nutze ich. Das WLAN-Modul ist abgeschaltet. Unter anderem auch, weil sonst andere Geräte im 2,4 Ghz-Netz unnötig gestört werden könnten. Das sind bei mir ein Wireless-DMX System und ggf. eine Mikrofon-Funkstrecke im selben Funkbereich.

Ich betreibe diesen Mixer nun mit fester IP [192.168.2.2] in einem speziellen Subnetz, welches sich mit meinen anderen Netzwerken nicht stört (zu Hause: 192.168.0.1 / Büro: 192.168.1.1). DHCP wäre möglich, dann kann es aber unterwegs dazu kommen, dass sich jedes Mal die IP ändert, je nach dem welches Gerät gerade den DHCP-Server stellt.

Problem Internet

Die beiden Rechner (Licht/Musik) bekommen Ethernet-seitig nun auch IP-Adressen im selben Bereich [192.168.2.10] und [192.168.2.11], genau wie der Digitalmixer [192.168.2.2]. Im Case befindet sich ein Switch, der die 3 Geräte verbindet. Die WLAN-Module an den Rechnern sind deaktiviert. Somit ist in dieser Grundausstattung schon ganz ohne DHCP-Server der Zugriff der Geräte untereinander möglich. Die Bedienung des Mixers von beiden Rechnern aus und die OS2L-Verbindung von Musik- zur Lichtsoftware funktionieren.

Allerdings ohne Internet-Zugang.

Internet via WLAN/Hotspot

Technisch einfachste Möglichkeit ist nun, am Musik-Rechner WLAN wieder zu aktivieren und sich entweder vor Ort im Hotel/Restaurant WLAN oder im eigenen Smartphone-Hotspot einzuwählen. Das funktioniert relativ gut. Allerdings kommt durch das zusätzliche Subnetz (WLAN) die Bonjour-Verbindung ab und zu durcheinander – und der Beat kommt nicht mehr in der Lichtsoftware an.

Bewährt hat sich in diesem Szenario, die Rechner mit abgeschaltetem WLAN hochzufahren und VDJ sowie DMXC zu starten. Anschließend Web-Browser öffnen und Verbindung zum Mixer prüfen und in DMXC die gewünschte Projektdatei zu laden und den ankommenden Beat zu prüfen. Hierbei hat sich im Übrigen bewährt, im sog. SoftDesk eine Lampe im ankommenden Takt blinken zu lassen – dann sieht man sofort, ob der Beat da ist, oder nicht. Anschließend kann man dann am Musikrechner WLAN aktivieren und im WLAN einwählen.

Kommt keine Übergabe des Beats per OS2L zustande, unbedingt das Plugin in DMXC kurzfristig deaktivieren und wieder einschalten. Das hilft oft schon.

Internet via LTE-Router

Die für mich brauchbarste Variante, unterwegs ins Netz zu kommen ist eine alte FritzBox 6820 LTE. Diese enthält eine separate SIM-Karte meines Telekom-Mobilfunk-LTE-Vertrages. Hier nutze ich dieselben 10GB Datenvolumen wie am Smartphone, inklusive der StreamOn-Funktion[7], welche sogar den Verbrauch für die meisten Online-Dienste inkl. Youtube, DEEZER (!) und SoundCloud nicht auf das monatliche Datenvolumen anrechnet. Damit nutze ich die Online-Funktionen mit VirtualDJ (DEEZER/Soundcloud) unterwegs praktisch kostenlos.

Die Box habe ich fest auf denselben IP-Bereich eingestellt [192.168.2.1] und DHCP (ab Adresse 192.168.2.20) aktiviert. Damit kann ich mein Tablet dort verbinden und so auch den Mixer im DJ-Case erreichen.

Leider hat die FritzBox auch nur 2,4GHz-WLAN, weswegen ich zusätzlich einen ganz aktuellen Repeater[8] (2,4 und 5Ghz) besorgt habe. Den klemme ich per Kabel entweder an die Fritzbox oder an den Router im DJ-Case. Den Funkbereich 2,4GHz habe ich auch hier deaktiviert. An der FritzBox schalte ich WLAN ganz aus. Somit störe ich andere 2,4Ghz Geräte zumindest nicht selber. Die 5GHz funktionieren im praktischen Einsatz super mit meinen mobilen Geräten – auch mit ordentlicher Reichweite.

In diesem Szenario schalte ich beim Musikrechner natürlich WLAN ab. Er wird ja nun per Kabel von der FritzBox aus versorgt.

Wichtig in dem Zusammenhang ist noch, dass bei der manuellen Eingabe der IP-Adresse für den Ethernet-Anschluss die Gateway-IP und die DNS-Server-IPs nicht vergessen werden. Ohne diese kriegt der Musikrechner trotz LTE-Router keine Verbindung.

Hinweise zu VDJ / OS2L

Auf dem Lichtrechner muss die Bonjour-Software installiert sein. Der Bonjour-Browser sieht den „Server“ auf dem Lichtrechner auch ohne, die Verbindung kommt aber nicht zu Stande.

Wichtig in dem Zusammenhang noch eines: Den Bonjour-Service kann man theoretisch über „Apps und Features“ von Windows deinstallieren. Das führt aber dazu, dass zwar der Dienst gelöscht wird, nicht aber die Druckerfunktionen usw. Auf dem Desktop verbleibt dann noch der „Bonjour-Druckerassistent“, welcher korrekterweise beim Aufruf einen Fehler meldet. Bei der Neuinstallation erscheint dann ein Fenster, ob man Bonjour [ändern], [reparieren] oder [löschen] will… durch reparieren wird aber der Dienst nicht wieder korrekt installiert. Hier muss man erst löschen und die Installation im Anschluss komplett neu starten – das hilft Wunder.

In den Optionen von Virtual DJ gibt es 2 Punkte mit Verweis auf OS2L. Der erste schaltet um zwischen ON, OFF und AUTO. Damit lässt sich die OS2L Funktion ein und ausschalten. Wodurch sich ON und AUTO unterscheiden, konnte ich durch die Tests nicht herausfinden.

Die zweite Option ist ein Textfeld, welches normalerweise frei bleiben kann. Hier kann man aber die IP-Adresse samt Port eingeben, an der die Lichtsoftware „lauscht“. In meinem Falle [192.168.2.10:8010]. Die Schreibweise [IP:PORT] entspricht der üblichen Schreibweise, die man auch zb. Im Browser verwenden würde. Die (undokumentierte) Portnummer habe ich im Übrigen mit dem Bonjour-Browser herausgefunden.

Leider lässt sich experimentell nicht ermitteln, was nun im Hintergrund genau passiert und was idealerweise eingestellt sein sollte. Immer wieder mal, wenn ich der Meinung bin, jetzt sollte eine Verbindung da sein, kam die Beat-Übertragung nicht zustande. Ich muss das jetzt mal bei verschiedenen Einsätzen prüfen.

Fazit

Ich glaube, mit den aktuellen Einstellungen ein funktionierendes Setup gefunden zu haben. Die nächsten Einsätze mit Smartphone-Hotspot und auch LTE-Router werden es zeigen.

Links

Virtual DJ - DJ-Software https://www.virtualdj.com/
VDJ ask.the.dj http://de.virtualdj.com/manuals/virtualdj/interface/database/askthedj.html
DMXControl - Lichtsteuerung via DMX512 https://dmxcontrol.de/
OS2L-Protokoll http://os2l.org/
Bonjour Browser https://hobbyistsoftware.com/bonjourbrowser
Tobias Erichsen, verschiedene Tools zu MIDI, BonjourZeroconf usw. https://www.tobias-erichsen.de/software.html
zeroconfServiceBrowser http://www.tobias-erichsen.de/software/zeroconfservicebrowser.html
AVM FritzBox 6820 LTE https://avm.de/produkte/fritzbox/fritzbox-6820-lte/
AVM FRITZ!WLAN Mesh Repeater 2400 https://avm.de/produkte/fritzwlan/fritzrepeater-2400/
DEEZER https://www.deezer.com/de/
SoundCloud Go+ https://checkout.soundcloud.com/go
Soundcraft UI Mixer https://www.soundcraft.com/en/product_families/ui-series
Daslight 4 https://www.daslight.com/de/
   

 

[1] http://os2l.org/

[2] http://www.tobias-erichsen.de/software/loopmidi.html

[3] https://www.maceinsteiger.de/was-ist/bonjour/

[4] https://hobbyistsoftware.com/bonjourbrowser

[5] http://www.tobias-erichsen.de/software/zeroconfservicebrowser.html

[6] Online-Musikwunsch-Tool von Atomix Productions (Virtual DJ) mit Trinkgeldfunktion [ask.the.dj]

[7] https://www.telekom.de/unterwegs/tarife-und-optionen/streamon

[8] AVM FRITZ!WLAN Mesh Repeater 2400